Donnerstag, 24. August 2017

Waldbrände im Kleinen Kaukasus

17.860 Schritte laut Handyzählung, Umlaufgondel, Sessellift und Standseilbahn sowie ein faszinierender Ausblick auf 2.700 Metern Höhe – und somit der höchste Punkt des Urlaubs – liegen hinter uns. Bakuriani mit seinen zahlreichen Hotels und Immobilien(spekulations)projekten ist zwar nicht unbedingt schön, aber es ist so schön ruhig. Als wir zwecks Kaffeepause die einzigen Gäste im großen Restaurant waren, wirkte die ausgestorbene Hauptstraße davor, wie wenn es noch 5 Uhr morgens wäre. Aber es war bereits 11 Uhr. Auch die Seilbahn-Betriebszeiten (11-20:30 Uhr) wirken gewöhnungsbedürftig. Kaukasus-Urlauber scheinen länger zu schlafen als Alpen-Urlauber. Und sie scheinen sich mit deutlich kleineren Skigebieten zufrieden zu geben. Die Panoramablicke sowie die Leitner- und Doppelmayr-Lifte hingegen sind durchaus vergleichbar – die Lage von Bakuriani mitten in einem ehemaligen Vulkankrater finde ich gar unvergleichlich.













Mittlerweile sitzen wir wieder in der Schmalspurbahn und schaukeln mit 14 km/h talwärts. Die Hoffnung, dass die Waldbrände mittlerweile gelöscht sind, hat sich leider nicht erfüllt: Man kann die Brände nach wie vor sehen und riechen. Manche Hänge sind bereits vollständig entwaldet, an anderen Hängen kämpfen die Hubschrauber nach wie vor gegen den Rauch. Die Feuerwehr hat auf die Schnelle zwei künstliche Dämme angelegt, um den Fluss aufzustauen, die Hubschrauber können im aufgestauten Becken ihre Beutel füllen, die sie dann über den Bränden in Sekundenschnelle entleeren. Für uns Zugpassagiere am offenen Fenster natürlich ein nie gesehenes Spektakel, aber für die beteiligten Hilfskräfte Schwerstarbeit, für die Touristen nach uns jammerschade und für die Einheimischen vielleicht früher oder später doch eine Bedrohung. Bislang zeigen sie sich gänzlich unbeeindruckt, asphaltieren ihre Dorfstraße weiter und treiben ihre Tiere über die Felder, wie wenn das alles ganz normal wäre. Beneidenswert, diese kaltschnäuzige Abgeklärtheit.









Wir sehen auf den Hubschraubern verschiedene Landesflaggen und interpretieren fälschlicherweise, dass bei einer solchen „Naturkatastrophe“ (weder Klimawandel noch achtlos weggeworfene Zigarettenstummel sind Natur) auch im zerstrittenen Kaukasus die Nachbarländer zusammenhalten. Später erfahren wir aber von unserer Vermieterin, dass zwar aserbaidschanische, armenische, türkische und weißrussische Hubschreiber beteiligt sind. Dass aber die Hilfe, die Russland (das sicherlich über deutlich leistungsfähigere Löschhubschrauber oder auch –flugzeuge verfügt) angeboten hatte, von der georgischen Regierung abgelehnt wurde. Mein Mitleid mit Georgien hält sich in Grenzen, wenn nationalistische Befindlichkeiten wichtiger sind als der Schutz von Wald und Bewohnern. Aber vielleicht naht ja bald Hilfe aus Israel: Ein unglaublich unsympathischer und ebenso dicker Israeli, der mit uns in Schmalspurbahn und Stadtbus saß, hat in einem lautstark geführten Telefonat, mutmaßlich mit der israelischen Botschaft, gefordert, dass Israel bitteschön große Löschflugzeuge nach Georgien schicken soll. Er zahle ja schließlich auch Steuern, und deshalb solle da jetzt mal was passieren.

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