Freitag, 25. August 2017

Erste Eindrücke von Armenien

12 Sitzplätze hat der VW Transporter. 18 Personen sind drin, als wir auf den Grenzübergang zusteuern. Scheint hier überhaupt kein Problem zu sein. Die Grenzstation ist ein echtes Erlebnis, das man leider nicht fotografieren darf (auf Google Earth findet man aber Fotos: 41° 8'35.07"N, 43°47'20.00"E). Mitten in der Steppe, auf 2.100 Metern Höhe, ist über eine große Schotterfläche ein hässliches, pyramidenförmiges Metalldach gespannt worden. Am Rand gibt es ein schmales Plastikmodul, in dem die georgischen Zöllner sitzen und darauf warten, dass wir alle in den Plastikschlauch hereinkommen und unsere Pässe vorzeigen. Einen architektonisch absurderen Grenzübergang habe ich noch nie gesehen. Im kalten Winter muss es furchtbar sein, hier zu arbeiten.
Im Niemandsland (das seinen Namen nirgendwo so sehr verdient hat wie hier) zwischen Georgien und Armenien steht plötzlich ein globiger Neubau mitten auf der Straße, den man in engen Schotterkurven umfahren muss. Seine geplante Bestimmung (wie auch seine Staatszugehörigkeit) ist unklar – er steht leer.




Kurz darauf stehen wir am armenischen Teil der Grenze, wo wir mit „Guten Tag“ begrüßt werden und nach sehr kritischer Prüfung sämtlicher Stempel im Pass schließlich einreisen dürfen. In der Warteschlange erklärt uns eine der 17 Mitreisenden, dass wir dem Busfahrer 10 Lari zahlen müssen, wenn wir wollen, dass er uns bis nach Jerewan fährt. Heute Morgen waren es noch 7 Lari, aber Willkür ist nicht verhandelbar.

Die Armenierin, die uns dieses Angebot übersetzt hat, steigt irgendwann aus. Die meisten anderen auch. Übrig bleiben zwei Französinnen und wir vier. Und der Fahrer. Der dann an einer Straßenkreuzung irgendwo in Gjumri stehenbleibt und uns aussteigen lässt. Vor uns steht ein blauer Mercedes Sprinter, in den wir unser Gepäck umladen und dem Fahrer pro Person 10 Lari zahlen sollen. Wir wurden mal wieder weiterverkauft.



Nun, da wir in diesem Sprinter sitzen und der Fahrer eine Zigarette nach der anderen raucht, kann ich versuchen, meine ersten Eindrücke von Armenien aufs wackelnde Papier zu kritzeln: Es ist genauso warm und trocken wie in Georgien. Aber die Dörfer schauen wieder eher aus wie in der Osttürkei. Die Straßen sind besser asphaltiert als heute Morgen in Georgien – aber definitiv nicht gut. Auch nicht zwischen den beiden größten Städten des Landes, wo wir gerade unterwegs sind. Allerdings wird direkt neben uns gerade eine Autobahn betoniert. Auffällig – und bereits vom Reiseführer angekündigt – ist der perfekte Zustand auch der kleinsten und unbedeutendsten Kirchen. Ja, Religion spielt in Armenien eine große Rolle. Viehwirtschaft anscheinend auch: Überall gibt es Kühe, Ziegen und Schafe. Auch mitten auf der Straße. Aber das kennen wir ja bereits aus Georgien. Während der Konsum von Rindfleisch in Deutschland vor allem zum Klimawandel beiträgt, trägt er hier zur Verkehrssicherheit bei (sofern keine neuen Straßenrinder nachwachsen).




Die Landschaft kennen wir bereits aus der Osttürkei. Was wir noch nicht kennen, ist die armenische Schrift – nicht, dass wir von der georgischen Schrift bis zum Schluss irgendwas verstanden hätten. Wen wir nie kennenlernen werden, ist der 4.092 Meter hohe Aragats. Wir fahren zwar an ihm entlang, aber es ist so diesig, dass wir ihn leider nicht sehen. Der Staub und die Abgase in der Luft lassen bereits vermuten, dass die Luftqualität in Jerewan ähnlich bescheiden sein wird wie wir das bereits aus den georgischen Städten kennen…

Die ersten Eindrücke der Hauptstadt Jerewan sind unsanierte Plattenbauten, die so hässlich sind, dass sie schon wieder cool sind. Und sogenannte Parkanlagen, die eigentlich nur aus ausgetrocknetem Nichts bestehen. Unser Gespräch zu den ersten Eindrücken wird jäh unterbrochen, als der Fahrer plötzlich anhält und uns rauslassen will. Wir sind aber noch einige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, an einem unansehnlichen Busbahnhof. Die Diskussion und das Beharren darauf, dass man uns versprochen hatte, dass wir bis ins Zentrum gefahren werden, führen zu nichts. Wir geben uns geschlagen und steigen mit dem unguten Gefühl, wieder mal ordentlich abgezockt worden zu sein, aus. Es gibt aber zum Glück Stadtbusse, mit denen wir es bald darauf ins Stadtzentrum schaffen. Wo das vom Reiseführer empfohlene Hostel zum Glück ausgebucht ist und wir ein viel cooleres finden, in dem wir die nächsten drei Nächte verbringen werden.


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