Sonntag, 27. August 2017

Der letzte Abend in Jerewan

Die Stadtplanung von Jerewan erinnert an den Hobrecht-Plan in Berlin: Der Bau der gesamten Innenstadt hat sich an einem vorgegebenen Straßenraster orientiert. Dank der Diasporagelder konnten in den letzten Jahren die noch fehlenden Boulevards und Kaskaden vollendet werden – allerdings wurden mit einer schräg verlaufenden Fußgängerzone, die von hohen Neubauten umgrenzt wird, zugleich auch wichtige Frischluftschneisen zugebaut. Wie in vielen anderen Städten (siehe unter Neapel oder Stuttgart) hat man auch in Jerewan den Eindruck, dass die Stadtplaner der Vergangenheit deutlich intelligenter und vorausschauender waren als die von heute.

Wir sitzen am oberen Ende der Kaskaden, blicken über die Stadt und erahnen am Horizont den Ararat. Einmal mehr diskutieren wir über das Verhältnis zwischen Türkei und Armenien und fragen uns, was wohl junge, liberale Türken zur Causa Völkermord sagen. Und wir vergleichen Jerewan mit den türkischen Millionenstädten, die wir bereist haben. Manuel stellt fest, dass in Istanbul oder Ankara die ganzen kahlen Hänge um uns herum nicht kahl wären, sondern vollgepackt mit Hochhäusern. In Istanbul oder Ankara wurde aber auch nie ein großer Teil der Bevölkerung vertrieben, ermordet oder vor lauter Armut zum Auswandern gezwungen.



Wir diskutieren auch über die Frage, warum uns Jerewan so gut gefällt. Etwa nur deshalb, weil es irgendwie so vertraut („westlich“) ist? Oder gar, weil es zum ersten Mal seit München wieder leckeres Bier gibt? Bier und Wein schmecken uns in Armenien deutlich besser als in Georgien, beim Essen hat Georgien die Nase vorn. Auch wenn wir immer versuchen, landestypisch zu essen, so wird doch unsere Abendessgesellschaft immer internationaler: Gestern haben wir einem Mexikaner zu Abend gegessen, heute mit einem Brasilianer. Mal schauen, wer morgen dabei ist.






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