Die Landschaft ist hier oben (wir befinden uns derzeit auf etwa 1.700 Metern Höhe, der höchste Punkt der Strecke wird etwa 2.250 Meter hoch sein) recht karg. Das Getreide ist schon geerntet. Vereinzelt stehen größere Ansammlungen von Kühen in der Gegend rum. Im Talboden stehen vereinzelt Bäume, am Horizont hohe Berge. Mehr ist nicht. Neben dem Bahngleis verrotten alte Verladerampen, anscheinend werden die landwirtschaftlichen Güter – genau wie ein Großteil des Personenverkehrs – heutzutage auf der Straße abgewickelt. Dafür braucht man viel Öl. Das gibt es am Kaspischen Meer. Um es leichter in die Türkei transportieren zu können, wird eine Bahnstrecke von Kars nach Georgien gebaut. Die Eisenbahn ausbauen, damit man mehr Auto fahren kann? Die Theorie kam mir gerade, als wir an einer Tankstelle vorbeigefahren sind.
Wir vier profitieren von der neuen Bahnstrecke noch nicht: Weil sie auf der georgischen Seite noch nicht fertig ist, müssen wir ab Kars mit dem Bus weiterfahren. Von Kars trennen uns noch knapp drei Stunden, die aktuelle Verspätung beträgt 65 Minuten. Das Tagebuch werde ich in den nächsten drei Stunden besser geschlossen halten, der Regen ist nämlich wieder deutlich stärker geworden und einzelne Tropfen finden den Weg durch die Scheibe in den Speisewagen.
Als wir bei Dunkelheit in Kars ankommen, regnet es noch immer. 25 Stunden Fahrt, Nikotinduft und die versifften Zugtoiletten liegen hinter uns. Was vor uns liegt, werden wir erst morgen früh bei Helligkeit sehen.
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