Montag, 28. August 2017

Häuptling Zahnlücke (Garni)

„Deutschland“ wiederholt er und lacht mich mit beiden vorhandenen Zähnen so liebevoll an, wie das nur kleine Kinder und Männer über 80 können. Er ist ein Mann über 80. Und sitzt in der letzten Busreihe neben mir. Der Bus ist mutmaßlich über 50. Definitiv der älteste Bus, mit dem ich je gefahren bin. Eine richtig geile Kiste. Der alte Mann erkennt in meinem Reiseführer Garni und Geghard, unsere heutigen Reiseziele. Er zeigt mir am Horizont den Ararat und er erzählt mir ganz viele lustige Anekdoten, von denen ich leider kein Wort verstehe, weil sich mein Armenisch-Wortschatz im Wesentlichen auf „Danke“ beschränkt. Was so ähnlich klingt wie „Schnorrer Kalle M.“ Als ich dieses armenische „Danke“ anwende, nachdem er uns darauf hinweist, dass wir jetzt bald aussteigen müssen, strahlen mich die beiden Zähne ein letztes Mal hocherfreut an. Die gemeinsame Busfahrt war eine unterhaltsame Bereicherung für uns beide. Im Vergleich dazu wäre ein klimatisierter Touristenbus einfach nur langweilig gewesen. Die Rückfahrt mit 23 Personen in einem Ford Transit wird hingegen deutlich unbequemer werden.


Der griechische Tempel von Garni (samt den umliegenden Basaltsäulen) und das Kloster von Geghard sind nicht von ungefähr die meistbesuchten Touristenattraktionen des Landes – zum Glück waren wir so früh dran, dass die großen Reisegruppen erst kamen, als wir schon gingen. Der erhaben auf einem Plateau gelegene Sonnentempel und die grandios in den Fels gehauenen Klosterräumlichkeiten gehören auch zu den Highlights unserer Reise.

 
 
 

Ich würde – wider Erwarten – Armenien insgesamt als das Highlight der bisherigen Reise bezeichnen. So freundliche Menschen, so eine lässige Hauptstadt, so beeindruckende Kulturgüter, so eine ursprüngliche Natur – und das alles bei so niedrigen Preisen, dass man sich als Westeuropäer auch recht noble Restaurants und einen Eiskaffee bei „Starbus Coffee“ (einem ausrangierten, zum Café umgebauten Ikarus-Bus am Straßenrand) leisten kann. Armenien ist wirklich ein sehr empfehlenswertes Reiseland. Vielleicht trägt der Tourismus ja auch wirklich dazu bei, dass sich bald ein größerer Anteil der Einheimischen Essen gehen und Eiskaffee leisten kann. Es wäre diesem kleinen, sympathischen Land, das es in seiner Geschichte oft nicht leicht gehabt hat, absolut zu wünschen.

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