Samstag, 26. August 2017

Die schönste Stadt seit Istanbul (Jerewan)

Was für eine angenehme Stadt! Die schönste seit Istanbul. Grünstreifen; urban gardening; schicke Cafés; nette Menschen; Luft, die man einatmen kann; entspannte Stimmung; schöne Gebäude. Jerewan gefällt uns. Nachdem wir am Nachmittag erste positive Eindrücke von der Innenstadt gesammelt hatten, haben wir während einer free walking tour am Abend recht viel gelernt, z. B. wie man gleich zu Beginn der Tour zu einem kostenlosen Wein-Tasting eingeladen werden kann; dass Schach in Armenien ein Schulfach ist (weil der Präsident gerne Schach spielt); und wie sehr Nation Building in Armenien über Denkmäler funktioniert. Statt Stalin und Lenin stehen nun an jeder Straßenkreuzung armenische Dichter und Komponisten. Symbolischerweise wurde die überdimensionierte Stalin-Statue auf einem Hang oberhalb der Innenstadt durch eine Statue der fiktiven „Mother Armenia“ ersetzt. Aber ebenso symbolisch ist es, dass Mutter Armenien kleiner ist als es Stalin war.






Dieses kleine, verletzliche 3-Millionen-Land möchte endlich (wieder) selbstständig sein – nicht mehr von Russen besetzt werden, nicht mehr von Türken umgebracht werden, einfach nur Armenien sein. Dabei helfen natürlich die Gelder aus der armenischen Diaspora, die wohl einen großen Anteil daran haben, dass die Innenstadt von Jerewan mit schicken Neubauten und sanierten Altbauten zu begeistern weiß. Trotzdem: Ganz unabhängig ist das kleine Armenien natürlich nicht. Russische und amerikanische Soldaten schützen die Außengrenzen, Chinesen finanzieren und bauen die Autobahnen (die Teil der „neuen Seidenstraße“ sind) und die EU gibt Kredite für die Sanierung der U-Bahn in Jerewan.

Stichwort U-Bahn in Jerewan: Wer schonmal in Moskau war, wird vieles wiedererkennen – die laut rumpelnden Züge; die Tokens zur einmaligen Nutzung; die schnellen Rolltreppen mit Rolltreppen-Wärterin. Auch die Bahnsteig-Architektur erinnert an russische Vorbilder. Nur, dass die Züge hier kürzer und langsamer sind. An keinem anderen Ort spürt man so sehr, dass auch Armenien einst eine Sowjetrepublik war, wie in der U-Bahn.
 



In eben dieser U-Bahn wurden wir von einer in der Nähe von Mainz wohnenden Armenierin, die gerade in Jerewan ihre Oma besucht, darauf angesprochen, ob wir aus Deutschland kommen und ob wir hier arbeiten. Dass wir als Deutsche ausgerechnet in Jerewan Urlaub machen, kam ihr komisch vor. Aber schön, mal wieder den schönen Dialekt der Stadt, in der ich zwei Jahre gewohnt habe, zu hören. An einem Ort, an dem ich das niemals erwartet hätte.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen